Du stehst am Fenster Deiner kleinen Unterkunft im Viertel Santitham. Es ist früher Morgen. Der Himmel ist grau, aber nicht düster – eher so, als hätte sich der Tag noch nicht entschieden. Die Luft riecht nach nassem Asphalt, nach Erde, nach den ersten Kochstellen, die draußen dampfen. In der Ferne hörst Du ein Geklapper – vielleicht ein Mönch, der Spenden sammelt, vielleicht ein Straßenhund, der eine Plastiktüte durchsucht.
Es ist Juni. Regenzeit. Und Du bist in Chiang Mai.
Tag 1 – Langsames Ankommen: Kaffee, Gassen, Tempel
07:30 Uhr – Langsam wach werden im Regen
Du wachst früh auf, weil der leichte Regen auf das Blechdach Deiner Unterkunft trommelt. Nicht laut. Fast beruhigend. Es ist kühl – keine Klimaanlage nötig. Du ziehst Dir Shorts und ein leichtes Hemd über, packst eine kleine Bauchtasche, einen dünnen Regenponcho – und gehst einfach los.
08:00 Uhr – Frühstück in der Ristr8to Lab (Nimmanhaemin)
Statt Hotelbuffet willst Du guten Kaffee – also landest Du in einem der besten Cafés Thailands: Ristr8to Lab. Der Barista trägt Tattoos, im Regal stehen Trophäen aus Melbourne und Mailand. Du bestellst einen Flat White mit lokalem Arabica aus Chiang Rai – und einen cremigen Croissant-Burger mit Ei und Käse.
Der Regen hat aufgehört. Du setzt Dich raus. Die Straße ist noch ruhig. Menschen in Flip-Flops, Mopeds mit Müllsäcken, ein Mönch mit Regenschirm. Du schaust einfach nur. Atmest. Bist da.
09:30 Uhr – Durch die Altstadt stromern
Du gehst zu Fuß Richtung Altstadt – durch verwinkelte Gassen, vorbei an kleinen Tempeln, Souvenirshops, Blumenständen. Die Luftfeuchtigkeit steigt langsam, aber Du hast Zeit. Im Wat Phra Singh zupfst Du Dir eine gelbe Lotusblüte, setzt Dich auf eine Holzbank, und plötzlich bist Du mittendrin in einem buddhistischen Morgenritual. Es riecht nach Räucherstäbchen, und über Dir kreischt ein Gecko.
12:00 Uhr – Khao Soi in einem versteckten Familienrestaurant
Es regnet wieder, kurz und heftig. Du flüchtest in ein kleines Familienrestaurant in der Nähe vom Wat Phan Tao – kein Name, keine Speisekarte. Nur Plastikstühle und eine alte Frau mit goldenen Ohrringen, die auf einem Gaskocher Nudeln kocht.
Du bekommst eine dampfende Schüssel Khao Soi – cremige Kokossuppe, knusprige Nudeln, eingelegte Senfblätter, Limette, Zwiebel, Chili. Es ist das beste, was Du seit Tagen gegessen hast. Und es kostet 45 Baht.
15:00 Uhr – Massage im Lila Thai Massage (ehemaliges Frauengefängnis)
Der Regen hat aufgehört. Du läufst durch nasse Straßen zum Lila Thai Massage – geführt von Ex-Häftlingen, die hier eine neue Chance bekommen. Die Massage ist fest, ruhig, fast therapeutisch. Als Du wieder rauskommst, fühlst Du Dich leicht und gleichzeitig geerdet.
18:00 Uhr – Sonnenuntergang und Abendregen am Doi Suthep
Du nimmst ein Songthaew (rotes Sammeltaxi) nach oben zum Wat Phra That Doi Suthep. Die Straße windet sich in Serpentinen durch Nebelwald. Oben angekommen, bist Du fast allein. Die Stufen sind nass, das Gold des Chedi reflektiert das letzte Licht.
Dann beginnt es zu regnen. Du stellst Dich unter ein Vordach. Der Blick über die Stadt ist verschwommen, verwaschen. Aber schön. Es ist still. Du bist da. Wirklich da.
Tag 2 – Nebel im Dschungel, Kaffee über dem Regenwald, Marktzauber bei Nacht
06:00 Uhr – Ein stiller Start in den Bergen
Du wirst heute früh abgeholt. Noch im Halbschlaf steigst Du in einen gelben Minivan, der Dich mit drei anderen Reisenden Richtung Doi Inthanon bringt – dem höchsten Berg Thailands. Die Luft ist frisch, und der Himmel wird langsam heller. Es regnet nicht, aber die Straßen dampfen vom nächtlichen Schauer.
Nach etwa zwei Stunden Fahrt stoppt ihr – mitten im Wald. Nebel hängt schwer zwischen den Ästen. Dein Guide, ein junger Mann aus einem Karen-Dorf, führt euch auf einem schmalen Dschungelpfad bergab. Es ist rutschig, aber faszinierend. Die Pflanzen tropfen, es riecht nach Erde und nassem Holz.
Er zeigt Dir wilde Ingwerblüten, winzige Frösche, Spuren von Schlangen (zum Glück nur Spuren). Ihr redet wenig. Man hört nur das Rauschen eines unsichtbaren Wasserfalls und das Knacken der eigenen Schritte.
Am Ende des Trails wartet ein kleiner Fluss – mit einem improvisierten Bambussteg. Und dahinter, auf einer Lichtung: ein kleines Dorf. Keine Straße führt hierher. Du bist im Regenwald angekommen.
12:00 Uhr – Kaffee mit Aussicht
Im Dorf gibt’s Mittagessen: gebratener Kürbis, Jasminreis, Omelette mit Kräutern aus dem Garten. Einfach. Köstlich.
Danach lädt Dich der Guide ein, in der Dorf-eigenen Kaffeerösterei Platz zu nehmen. Die Bohnen wachsen hier direkt hinterm Haus – Arabica, handgepflückt. Du sitzt auf einer Holzbank, trinkst schwarzen Kaffee mit leicht nussiger Note – und schaust auf das Nebelmeer, das langsam das Tal hinunterzieht.
Du sprichst mit der Mutter des Guides über das Wetter. Sie sagt: „Der Regen ist unser Segen. Ohne ihn kein Wasser, kein Reis, kein Leben.“
Du lächelst. Und nickst.
16:00 Uhr – Rückfahrt & Regenpause
Zurück in Chiang Mai duschst Du erstmal den Dschungelstaub ab. Der Regen setzt ein – kräftig, warm, fast wie ein tropischer Vorhang. Du bleibst auf dem Balkon sitzen, eingewickelt in ein Handtuch, mit einem Chang-Bier in der Hand. Der Regen lullt Dich ein.
18:30 Uhr – Streetfood-Nacht: Der Südtor-Markt
Regenpause. Du ziehst die Kapuze über, nimmst ein Tuktuk zum Chiang Mai Gate Market (Südtor). Hier wird nicht für Instagram gekocht, sondern für Leute wie Dich. Für Hungrige.
Du isst:
- frisch gedämpfte Dim Sum mit Chiliöl
- Sai Oua – die nordthailändische Kräuterwurst
- frittierte Pilze mit Tamarindensauce
- ein Kokoseis in der halben Frucht, mit gerösteten Erdnüssen
Du redest mit einer Verkäuferin, die seit 18 Jahren jeden Abend hier steht. Sie gibt Dir extra viel Sauce. Weil Du gelächelt hast.
21:00 Uhr – Reggae-Bar & nächtlicher Regenguss
Du spazierst weiter zur Zoe in Yellow-Ecke – aber biegst bewusst in eine Seitenstraße ab. Zu laut, zu voll. Stattdessen landest Du in der kleinen Reggae-Bar Roots Rock Reggae. Ein DJ spielt Dub-Platten. Es gibt Mojitos mit lokalem Rum. Neben Dir sitzt ein Franzose, der seit drei Monaten in Chiang Mai lebt und Dir seine besten Tempeltipps gibt.
Dann beginnt es zu regnen – heftig, fast waagrecht. Du lachst, trinkst, tanzt ein bisschen mit Fremden. Irgendwann wirst Du nass – aber es ist Dir egal.
Tag 3 – Tempel, Textilien, Träume aus Ton
09:00 Uhr – Frühstück im Blue Diamond
Nach einem langsamen Start machst Du Dich auf ins Blue Diamond Breakfast Club – ein Gartenlokal mit hausgemachtem Granola, Kokos-Pancakes und Kräutertee. Die Luft ist frisch, der Regen hat die Blätter sauber gewaschen. Zwei Katzen streichen Dir um die Beine.
Du schreibst ein paar Notizen. Vielleicht beginnt genau hier Dein eigener Reiseblog?
10:30 Uhr – Wat Umong: Der vergessene Tempel im Wald
Mit einem Roller oder Grab fährst Du zum Wat Umong, außerhalb der Stadt. Der alte Tempel liegt in einem kleinen Waldstück – voller Moos, Pilze, Stille. Hier laufen Hühner über den Weg, Mönche mit Regenschirmen unter riesigen Bodhi-Bäumen.
Du gehst durch die Tunnel des Tempels – kühl, dunkel, mit eingeritzten Wänden. Es fühlt sich an wie eine Zeitreise. Draußen hängen hunderte Meditationssprüche an den Bäumen, auf Papierfetzen.
Einer bleibt Dir im Kopf:
„You can’t stop the rain – only learn to walk with it.“
13:00 Uhr – Lokale Kunst entdecken: Clay Studio & Textilmuseum
Wieder zurück in der Altstadt besuchst Du das kleine Clay Studio Coffee in the Garden. Zwischen Töpferkunst und Bambuswänden sitzt Du bei einem Milchtee – und schaust zu, wie ein junger Mann einen Tonbuddha formt.
Danach geht’s ins nahegelegene Lanna Folklife Museum – dort lernst Du, wie Kleidung, Religion und Reis früher zusammenhingen. Es ist ruhig, klimatisiert – perfekt für eine Stunde Kultur, wenn draußen der Regen wieder einsetzt.
17:00 Uhr – Nasse Gassen, warmer Duft: Cooking Class
Am Abend nimmst Du an einem Thai-Kochkurs teil – z. B. bei Zabb E Lee. Erst geht ihr gemeinsam auf den Markt, dann kocht ihr in einem offenen Gartenpavillon.
Du schnippelst Galgant, zerdrückst Chili, rührst Currypaste. Kochst Dein erstes eigenes Panang-Curry. Es schmeckt intensiv – nach allem, was Du heute gesehen, gerochen, gefühlt hast.
Tag 4 – Dorf im Nebel: Mae Kampong und das langsame Leben
07:00 Uhr – Aufbruch ins Grüne
Du wirst wieder früh wach. Heute geht’s raus aus Chiang Mai – rein in die Berge, ins kleine Dorf Mae Kampong, etwa eine Stunde östlich der Stadt. Du wirst mit einem Pickup abgeholt, zusammen mit zwei anderen Gästen, die Du direkt sympathisch findest.
Die Straße führt Dich immer höher – durch Kiefernwälder, Nebelbänke, an Garküchen und Gärten vorbei. Der Regen hat in der Nacht aufgehört, aber alles ist noch feucht, dampfend, grün. Überall Vögel, Orchideen, das Geräusch von Wasser.
09:00 Uhr – Ankommen in Mae Kampong
Mae Kampong liegt wie ein Märchendorf am Hang – Holzhäuser mit Blechdächern, Moos an den Treppen, Blätter, die sich nach Sonne sehnen. Kein Straßenlärm, kein Stress, nur das leise Rauschen eines Wasserfalls irgendwo in der Nähe.
Deine Unterkunft ist ein einfaches Homestay – ein Zimmer mit Matratze, Moskitonetz und Blick ins Grün. Die Gastgeberin bringt Dir heißen Tee und eine Banane mit Kokosraspeln. Du setzt Dich auf die Veranda, ziehst Dir Socken über die Füße, atmest ein. Und bist wieder angekommen.
11:00 Uhr – Spaziergang durchs Dorf
Zusammen mit einem Local Guide machst Du einen Dorfrundgang:
- Du siehst, wie Teeblätter getrocknet werden.
- Probierst fermentierte Sojapaste, die auf Bambusplatten in der Sonne gärt.
- Besuchst eine alte Dame, die noch natürliche Stoffe mit Blättern färbt.
Der Guide zeigt Dir eine Stelle am Bach, wo sich die Einheimischen früher wuschen. Und einen kleinen, verborgenen Tempel, in dem gerade ein Mönch den Boden fegt. Es ist alles sehr ruhig. Und sehr echt.
13:00 Uhr – Lunch mit Ausblick
Mittagessen gibt’s auf einer Holzplattform mit Blick über das Tal – Reis, Pilzsuppe, frittierte Teeblätter, Chili-Dip mit Gurke. Einfach, würzig, lokal. Dazu ein Glas kaltes Wasser mit Pandan und Zitronengras.
Langsam zieht wieder Nebel auf. Es beginnt zu nieseln – ganz fein. Du wickelst Dich in eine Decke, bleibst einfach sitzen.
15:00 Uhr – Hot Coffee in the Rain
Nachmittags findest Du das kleine Café Chom Nok Chom Mai – ein versteckter Holzbalkon über dem Urwald. Der Regen wird stärker, während Du einen heißen Cappuccino trinkst. Alles ist grün. Alles lebt. Du hörst das Tropfen auf den Bananenblättern, das Glucksen des Baches, das ferne Lachen eines Kindes.
Du machst keine Fotos. Weil Du gerade lieber schaust.
18:30 Uhr – Abendessen am Feuer
Zurück im Homestay bekommst Du ein Abendessen, das über Holzkohle zubereitet wird – Omelette mit Kräutern, ein Curry mit Kürbis und grünen Bohnen, frischer Tofu. Dazu ein kleiner Teller Mangos.
Der Strom flackert kurz. Kerzen werden angezündet. Du redest mit Deinen Mitreisenden über das Leben, über andere Reisen, über das Gefühl, gerade nirgendwo anders sein zu wollen.
Der Regen hört auf. Es wird still.
Tag 5 – Abschied in Stille, Souvenirs aus Lehm, letzte Tropfen
08:00 Uhr – Letztes Frühstück in Mae Kampong
Du bekommst Reissuppe mit Frühlingszwiebeln, schwarzen Kaffee und gebratene Banane. Die Wolken hängen tief im Tal. Es sieht aus, als würde das Dorf auf Watte schweben.
Die Gastgeberin umarmt Dich zum Abschied. Du kannst nicht sagen, warum – aber es rührt Dich.
10:30 Uhr – Zurück in Chiang Mai
Zurück in der Stadt fühlst Du Dich fast wie in einer anderen Welt. Autos, Lärm, Farben – aber es wirkt nicht hektisch. Chiang Mai ist weich. Besonders in der Regenzeit. Die Straßen sind noch nass, die Menschen sind langsamer. Du bist auch langsamer geworden.
13:00 Uhr – Kreative Auszeit: Keramik selbst gemacht
In der kleinen Töpferwerkstatt ThongPua Art Gallery kannst Du an einem Walk-In-Workshop teilnehmen. Du formst eine kleine Tasse. Der Ton ist kühl, die Musik leise, die Atmosphäre fast meditativ.
Du bist konzentriert. Ganz da. Wieder kein Handy. Wieder kein Muss. Nur die Hände und der Ton.
16:00 Uhr – Letzter Kaffee, letzter Blick
Du sitzt noch einmal im Graph Café, mitten in der Altstadt. Draußen nieselt es. Du hast Dir einen „Black Rain“ bestellt – ein Espresso mit kaltem Tonic, Limette, Eis. Bitter, frisch, elektrisierend.
Neben Dir ein altes Paar, das gemeinsam Mango Sticky Rice isst. Du denkst: Warum sind wir eigentlich immer auf der Suche nach Sonne?
18:00 Uhr – Letzter Markt, letzte Tropfen
Du gehst ein letztes Mal zum Sunday Night Market (wenn’s Sonntag ist). Sonst zur Loi Kroh Road oder zum Nachtbazar. Du kaufst:
- eine kleine Buddha-Statue aus Ton
- einen Beutel mit getrocknetem Longan-Tee
- einen Schal aus Baumwolle, handgefärbt
Du verhandelst nicht. Du sagst nur Danke. Und lächelst.
20:30 Uhr – Letztes Abendessen: Regen auf Blechdach
Zum Abschluss sitzt Du in einem kleinen, unscheinbaren Restaurant in der Moonmuang Road. Es regnet. Wieder. Du hast ein rotes Curry bestellt, extra scharf. Dazu ein kaltes Leo.
Du denkst an die Tage im Nebel, an den Tee, die Menschen, das weiche Licht. Und daran, wie schön es ist, wenn nicht immer alles trocken, klar und perfekt ist.
Epilog: Warum Chiang Mai in der Regenzeit genau richtig ist
Du hast gelernt: Regenzeit bedeutet nicht „schlechtes Wetter“, sondern langsames Reisen, sattes Grün, echte Begegnungen.
Chiang Mai zeigt Dir in dieser Zeit seine intimste, ehrlichste Seite. Wenn Du bereit bist, durch Pfützen zu laufen, ein bisschen nass zu werden, manchmal nichts zu tun – wirst Du belohnt. Mit Stille. Tiefe. Und Momenten, die bleiben.
Noch mehr Tipps für Regentage in Chiang Mai
🛖 Unterkünfte mit Regenblick:
- The Inside House – Glasdach über der Badewanne!
- Villa San Pee Seua – am Ping-Fluss, Natur pur
- BED Chiang Mai – schlicht, stilvoll, große Fenster
☕ 5 Cafés zum Verstecken bei Regen:
- Graph Café (Altstadt) – minimalistisch, kreativ
- Akha Ama (Santitham) – nachhaltiger Kaffeegenuss
- My Secret Café in Town – chillig, freundlich
- SS1254372 Café – Kunstgalerie trifft Frühstück
- Khagee – am Fluss, still, einfach schön
🌿 Wenn es wirklich schüttet:
- Massage-Marathon (3 Stunden Thai + Oil)
- Meditationskurs im Wat Suan Dok (abends, kostenlos)
- Tageskarte in der Chiang Mai Library mit Dachterrasse
••Silberschmiedekurs im „Nova Collection Studio“